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Beobachtung
FS-10 – Die Persönlichkeiten in Doris Fischer

04.06.2009 In dem zweiten Hauptkapitel des Fortsetzungssachbuch zum Thema mentale Versklavung von Dr. Hans Ulrich Gresch wird der von Prince gut dokumentierte Fall der Multiplen Persönlichkeit "Doris Fischer" beschrieben. Es wird deutlich, dass die verschiedenen Persönlichkeiten unabhängig voneinander existieren, ein eigenes Gedächtnis haben und zum Teil nichts voneinander wussten. Das Auftreten von bestimmten Persönlichkeiten war vorhersagbar.

 
Reporterbericht: Kontaktlink zu Dr. Hans Ulrich Gresch [ Homepage ] (- Diplom-Psychologe und promovierter Wirtschafts- und Sozialwissenschaftler.)
 

Fortsetzungs-Sachbuch von Dr. Hans Ulrich Gresch zum Thema mentale Versklavung – Teil 2: Multiple Persönlichkeiten - Der Fall "Doris Fischer"

Der wohl am ausführlichsten dokumentierte Fall einer multiplen Persönlichkeit ist Doris Fischer. Er eignet sich m. E. hervorragend dazu, die wesentlichen Facetten einer Multiplen Persönlichkeitsstörung zu veranschaulichen. Walter Franklin Prince1), Pfarrer einer Episkopalen Kirche in Pittsburgh, nahm sich mehr als drei Jahre Zeit, um diesen Fall zu erforschen. Er dokumentierte die Entwicklung seiner Patienten in einem Manuskript, das 1.900 Seiten umfasste. Während des gesamten Untersuchungszeitraums wurde ohne Ausnahme jeder Tag schriftlich erfasst. Die Behandlung von Doris Fischer und die wissenschaftliche Untersuchung ihres Falls begannen am 18. Januar 1911. Doris Fischer war dem Pfarrer seit 1909 bekannt, da sich Mrs. Prince mit dem Mädchen angefreundet hatte und sich ihr mit zunehmender Intensität widmete. Prince adoptierte Doris; ab März 1911 wohnte sie im Haus ihrer neuen Familie. Dadurch war der Pfarrer in der Lage, seine Patientin kontinuierlich zu beobachten. Im Untersuchungszeitraum war der Forscher nie über Nacht und selten für mehr als ein paar Stunden außer Haus. W. F. Prince publizierte diesen Fall 1915, als Doris Fischer 26 Jahre alt war.2)

Ihre tiefgreifende Persönlichkeitsspaltung wurde durch drei Schocks hervorgerufen. Der erste Schock war psycho-physisch, der zweite psychisch und der dritte physisch. Der erste Schock wurde durch ihren Vater, einen Alkoholiker verursacht. Er warf sie in einem Ausbruch wilden Zorns auf den Boden. Das Kind erlitt dabei eine Kopfverletzung.

Daraufhin entstanden zwei Persönlichkeitsteile, nämlich "Margaret" und "Sleeping Margaret". Die Ursprungspersönlichkeit blieb als "Real Doris" erhalten.
"Margaret" wusste nicht, dass "Sleeping Margaret" existierte. "Sleeping Margaret" sprach nur, wenn "Margaret" schlief, obwohl sie immer anwesend und bewusst war. "Real Doris" und "Margaret" führten nun ein ko-bewusstes Leben.
Wenn sie allein waren, sprach "Margaret" zu "Real Doris" durch Lippenbewegungen. "Real Doris" hatte keine Kenntnis der Gedanken "Margarets", bevor diese tatsächlich "ausgesprochen" worden waren. In Gegenwart anderer sprach "Margaret" "durch ihren Geist", was teilweise akustische Halluzinationen in "Real Doris" auslöste.3) "Margaret" und "Real Doris" verband ein "geschwisterliches" Verhältnis. "Real Doris" vergaß den traumatischen Sturz vollständig, träumte aber davon in einer späteren Phase ihrer Heilung, ohne die Bedeutung des Traums zu verstehen.

Nach einer schwierigen Kindheit und dem Abschluss der Mittelschule arbeitete Doris Fischer im Haushalt und als Näherin. Oft hatte sie ausgeprägte visuelle Halluzinationen ihrer Mutter. Sie war 17 Jahre alt, als sich eines Tages mehrmals kurz hintereinander ihre Mutter halluzinierte. Doris rannte nach Hause und fand ihre Mutter sterbend vor. Es war ca. 18 Uhr. Morgens hatte sich die Mutter noch in bester Verfassung befunden. Doris blieb bei ihrer Mutter bis zu ihrem Tod um zwei Uhr nachts. Am späten Abend kam ihr Vater volltrunken nach Hause. Er warf sich neben seine bewusstlose Frau aufs Bett und schlief ein.

Während dieser Zeit litt "Real Doris" an fürchterlichen Kopfschmerzen, und als sie das Betttuch über den Kopf ihrer verstorbenen Mutter zog, erschien auch "Margaret" für einen Augenblick. Dann zuckte ein schrecklicher Schmerz durch den linken Schläfenlappen und eine neue Persönlichkeit begann zu existieren: "Sick Doris". "Sick Doris" entstand als "infantile Persönlichkeit". Sie kannte weder die anderen Persönlichkeitsteile, noch hatte sie Kenntnisse über Objekte und Sachverhalte gleich welcher Art. Sie war aber instinktiv zu einfachen Handlungen in der Lage. Sie konnte aufstehen, sich niedersetzen, herumgehen, Dinge in die Hand nehmen usw.

Doch "Margaret" wurde zur wichtigsten Lehrerin dieser neuen Persönlichkeit. "Margaret" kommunizierte mit "Sick Doris" wie mit "Real Doris" über kaum merkliche Lippenbewegungen. Sie zeigte auf ein Objekt, benannte es, und "Sick Doris" zeigte ebenfalls auf dieses Objekt und wiederholte die Benennung.

Das Quartett wurde schließlich zum Quintett, als Doris im Alter von 18 Jahren zweimal schwer auf den Hinterkopf stürzte und "Sleeping Real Doris" entstand.

Die fünf Persönlichkeiten, die im Körper von Doris Fischer wohnten, waren deutlich voneinander unterschieden. "Real Doris" war ungewöhnlich liebenswert, voller Selbstvertrauen, Tatkraft und voller Hoffnung. Sie war sensitiv, hatte eine Abneigung gegen alles Grobe, mitfühlend und eine Leserin mit kritischem Geschmack. "Sick Doris" hatte ein hölzernes Wesen und trübe Augen. Ihr Blick war oft verstohlen, ihre Stimme monoton und ohne Zwischentöne. Sie war reserviert, teilweise abhängig, teilweise geringschätzig und nervös. Zur Zuneigung unfähig und völlig gefühlskalt, konnte sie jedoch eine Art hündischer Freundschaft aufrecht erhalten.

"Margaret" wurde psychisch niemals älter als zehn Jahre. Abgesehen von ihrer tatsächlichen Größe und Körperform entsprachen ihr Benehmen, ihr Gesichtsausdruck, ihre Stimme und ihre gesamte Erscheinung ihrem psychischen Alter, nicht dem chronologischen von Doris Fischer. Sie war spitzbübisch, schurkisch, äußerst witzig, eine vollkommene Nachahmerin, schmeichlerisch, einnehmend und alles in allem durchaus liebenswert. Sie neigte zu gelegentlichen Wutausbrüchen.

Mitunter erkannte sie ihre Freunde nicht mehr und fürchtete sich tödlich vor ihnen.
"Sleeping Mary" sprach (mit Ausnahme eines späten Stadiums) nur, wenn Margaret nicht aktiv war. Sie selbst jedoch behauptete, niemals zu schlafen. Sie sei ein Geist, der geschickt wurde, kurz bevor der betrunkene Vater Doris zu Boden schleuderte.
In einer späteren Stufe der Entwicklung war mitunter auch Margaret "da", wenn "Sleeping Margaret" sprach. Margaret redete dann in einem völlig anderen Ton als "Sleeping Margaret", deren Sätze und sogar Wörter sie mitunter in zwei Teile zerschnitt. Die beiden Bewusstseine arbeiteten gleichzeitig, manchmal miteinander, oft aber mit entgegengesetzten Absichten.

Margaret wusste nicht, dass sich ihr Bewusstsein mit einem anderen überschnitt. "Sleeping Margaret" hatte begrenzte Kontrolle über die Sprechwerkzeuge und Glieder. Geistig schien sie die reifste aller Teilpersönlichkeiten zu sein, die in Doris Fischers Körper zu Gast waren. Prince entwickelte ein Signalsystem, durch das es ihm möglich wurde, mit "Sleeping Margaret" zu kommunizieren, wenn Margaret wach war. "Sleeping Margaret nahm aktiv an der Behandlung teil, analysierte die Situation, schlug wertvolle Maßnahmen vor und machte Vorhersagen, die durch spätere Ereignisse bestätigt wurden. Ihre Erinnerung umfasste die Gedächtnisinhalte von "Real Doris", "Sick Doris" und Margaret sowie eigenes Material. Sie war im Gegensatz zu den bereits beschriebenen Teilpersonen absolut nicht suggestibel.

"Sleeping Real Doris" erschien nur, wenn "Real Doris" nicht aktiv war. Sie erreichte insgesamt nur ein sehr niedriges Entwicklungsniveau, und es ist fraglich, ob sie überhaupt Selbstbewusstsein besaß. Sie hatte jedoch ihren eigenen Gesichtsausdruck und besaß exklusive Erinnerungen. Sie konnte offenbar wortwörtlich wiedergeben, was "Real Doris" und "Sick Doris" in vergangenen Situationen gesagt hatten, als sei sie ein Aufzeichnungsgerät. Die Aufzeichnungen reichten von der jüngsten Vergangenheit bis zur ersten Traumatisierung durch den väterlichen Gewaltakt, als Doris drei Jahre alt war. Dabei gaben auch Tonfall und Gesichtsausdruck das gesamte Spektrum von früher Kindheit bis ins Erwachsenenalter wieder.

Wir haben hier also ein System von fünf Bewusstseinsströmen, denen fünf eindeutig voneinander unterschiedene "Persönlichkeiten" zugeordnet sind. Dabei gilt es natürlich zu bedenken, dass es sich hier nicht um echte Persönlichkeiten handelt, die mit der reifen Persönlichkeit eines nicht multiplen Menschen vergleichbar wären. Besonders im Fall von "Sleeping Real Doris" spricht viel dafür, dass es sich hier eher um ein "Bündel personifizierter psychischer Funktionen" handelt. Doch diese Frage ist im vorliegenden Zusammenhang nicht wesentlich. Entscheidend ist die Tatsache, das diese fünf personifizierten Bewusstseinsströme zu fünf deutlich unterschiedenen Interaktionsformen mit der Umwelt führen. So interagiert "Sleeping Margaret" beispielsweise nur indirekt mit anderen Menschen, indem sie "Margaret" beeinflusst.

"Real Doris" und "Sick Doris" sind unterschiedlich wie Tag und Nacht und werden von ihren Mitmenschen natürlich auch entsprechend unterschiedlich behandelt. Der plötzliche Wechsel zwischen zwei so verschiedenen Persönlichkeiten wirkt auf den Außenstehenden wie eine Verwandlung. Biologisch betrachtet, handelt es sich zwar um ein und denselben Körper; aus philosophischer Sicht mag hinter den Teilpersönlichkeiten letztlich ein einheitliches Subjekt stehen4) – doch Fakt ist, dass unterschiedliche Teilpersönlichkeiten auch unterschiedlich handeln und damit unterschiedliche Tatsachen schaffen. Den Bewusstseinskontrolleur, der absichtlich multiple Persönlichkeiten erschafft, interessieren in erster Linie diese realen Tatsachen.

Wie in anderen Fällen auch, war der spontane Persönlichkeitswechsel ("switch") bei Doris Fischer meist die Folge des Verbrauchs psychischer Energie und der entsprechenden Erschöpfung. Dabei war es unerheblich, ob der Energieverbrauch durch einen plötzlichen Schock oder durch kontinuierliche Anstrengungen hervorgerufen wurde. Sobald die verfügbare Energie ein gewisses Niveau unterschritt, setzte der Persönlichkeitswandel ein. Dabei hing es von der Intensität der Erschöpfung ab, welche Alternativpersönlichkeit zum Vorschein kam. "Es wurde beinahe eine Wissenschaft vorherzusagen, welches Resultat ein gegebener Reiz auf einer bestimmten Stufe hervorbringen würde, als handele es sich um eine chemische Reaktion", schreibt Prince5).

Hier gilt es festzuhalten, dass ein multiples Persönlichkeitssystem einer berechenbaren Automatik unterliegt und dementsprechend auch von außen gesteuert werden kann wie ein Automat. Neben den spontanen Persönlichkeitswechseln infolge von Erschöpfung sind also auch absichtlich ausgelöste "Switches" möglich. So konnte Prince zum Beispiel die Ursprungspersönlichkeit "Real Doris" hervorrufen, indem er einem bestimmten Ritual folgte. Die Voraussetzung dafür war, dass Doris nicht aktiv war. Ihre Bereitschaft zu erscheinen wurde durch ein charakteristisches Lächeln angezeigt. Dann drückte er ihre Hand und sprach eine bestimmte Formel. Doch "Real Doris", bemerkt Prince6), riss sich im Verlauf der Behandlung von dieser "Führungsleine" (Leading Strings) los und erschien in Anwesenheit des Pfarrers auch spontan.

"Real Doris" besaß keine direkte Kenntnis der Gedanken und Handlungen der anderen Teilpersönlichkeiten. Das Bewusstsein dieser Teilpersönlichkeiten war ihr genauso unzugänglich wie die unausgesprochenen Gedanken und Gefühle eines anderen Menschen. Die anderen Teilpersönlichkeiten konnten aber mit ihr kommunizieren, z. B. durch schriftliche Nachrichten, als seien sie tatsächlich unabhängig von ihr existierende Personen.

"Sick Doris" allerdings kannte alle Gedanken, Gefühle und Handlungen von "Real Doris". "Sick Doris" wusste auch eine Menge über "Margaret", aber nur, weil "Margaret" entschieden hatte, dass sie es wissen durfte.

""Margaret" selbst hatte vollen Zugang zu den Bewusstseinen von "Real Doris" und "Sick Doris". Die Bewusstseinsinhalte von "Sleeping Real Doris" musste sie aus deren Äußerungen und Gesten erschließen. Allerdings kannte sie zunächst weder die Gedanken von "Sleeping Margaret", noch war ihr überhaupt deren Existenz bewusst. Erst in einer späteren Notsituation, als sich "Sleeping Margaret" in einem dramatischen Kraftakt bemerkbar machte, wurde "Margaret" die Existenz einer weiteren Teilpersönlichkeit klar. "Sleeping Real Doris" kannte keine der anderen Persönlichkeiten. Sie glich einem automatischen Aufzeichnungsgerät ohne Selbstbewusstsein.

Demgegenüber waren "Sleeping Margaret" die Bewusstseinsinhalte von "Real Doris", "Sick Doris" und "Margaret" vertraut. Ihr Wissen über "Sleeping Real Doris" musste sie allerdings aus den seltenen Gesten und anderen Verhaltensweisen dieser seltsamen Schattenpersönlichkeit erschließen.

Obwohl jedoch alle Teilpersönlichkeiten, mit Ausnahme von "Real Doris" Zugang zu mehreren Bewusstseinen hatten, waren sie dennoch voneinander unterschieden, denn jede Teilpersönlichkeit hatte ihr eigenes, unabhängiges Gedächtnis und (mit Ausnahme von "Sleeping Real Doris") einen eigenen, authentischen Stil des Denkens und des "In-der-Welt-Seins".

Prince berichtet, dass "Margaret" mitunter Informationen besaß, die sie nach menschlichem Ermessen nicht auf normalem Weg über ihre Sinnesorgane wahrgenommen haben konnte. "Margaret" behauptete, sie habe diese Informationen seinem Geist entnommen, indem sie in seine Augen starrte, als er, Prince, einen Augenblick unaufmerksam war. Prince war geneigt, Telepathie als Erklärung dieses Phänomens zu erwägen, wenngleich ihm bewusst war, dass diese Erklärung durchaus nicht den vorherrschenden Vorstellungen der damaligen, naturwissenschaftlich materialistisch geprägten Wissenschaft entsprach. Dennoch war in jener Zeit das Interesse von Psychiatern, Hypnotiseuren und Psychotherapeuten an den Zusammenhängen zwischen multipler Persönlichkeit und paranormalen Phänomenen sehr stark entwickelt.7)

Gegen Ende der Behandlung verschwanden "Sick Doris", "Sleeping Sick Doris" und "Margaret". "Sleeping Margaret", die angeblich ein Geist war, behauptete nunmehr, sie würde den gemeinsamen Körper zu verlassen. Als sich dies zum erstenmal ereignete, während "Real Doris" bewusst und wach war, fühle sich "Real Doris" allein, verlassen und leer. Diese Gefühle kehrten regelhaft wieder, wenn "Sleeping Margaret" den Körper verließ. Schließlich kehrte sie nur noch für ein paar Minuten pro Tag zurück. Doch während Prince die anderen Teilpersönlichkeiten aufzulösen vermochte, gelang es ihm nicht, "Sleeping Margaret" in die Ursprungspersönlichkeit zu integrieren. Allerdings unterbrach "Sleeping Margaret", während sie sprach, nicht die Kontinuität des Bewusstseins von "Real Doris"; diese "schlummerte" während dessen vielmehr halbbewusst.

Doris Fischer blieb im Haus ihres Stiefvaters, den sie abgöttisch liebte, heiratete nie und hatte immer wieder hellsichtige Erfahrungen, besonders während des langen Todeskampfes ihrer Stiefmutter.

Das enge Zusammenleben von Fischer und Prince nährte und bestärkte den Verdacht von Skeptikern, dieser Fall von multipler Persönlichkeit sei in Wirklichkeit keine ursprüngliche psychische Krankheit, sondern eine Konstruktion, eine Gestalt der Phantasie. Diese sei das Ergebnis des Zusammenwirkens einer liebenden und äußerst phantasiebegabten Stieftochter und eines Stiefvaters, der von den damals vorherrschenden psychiatrischen Theorien zur multiplen Persönlichkeit und den spiritistischen Theorien der Besessenheit und der körperlosen Geister gleichermaßen beeinflusst und begeistert war. Schließlich war Prince Pfarrer und an den Fragen des Jenseits letztlich sogar von Berufs wegen interessiert; und Doris Fischers Mutter hatte Doris Einbildungskraft durch Phantasiespiele angeregt, die sie von den Belastungen des Zusammenlebens mit dem alkoholkranken Vater ablenken sollten. Unter diesen Bedingungen ist es natürlich vorstellbar, dass Doris’ Multiplizität das Ergebnis mehr oder weniger unbewusster Interessen des Geistlichen und seines Schützlings war.

Diese Frage lässt sich heute allerdings nicht mehr definitiv klären; wir können allenfalls versuchen, die Plausibilität dieser Hypothese abzuschätzen. Aus meiner Sicht ist es höchst unwahrscheinlich, dass Fischer die Multiplizität Doris Fischers bewusst oder unbewusst erzeugt hat. Es ist zwar durchaus möglich, Multiplizität künstlich hervorzurufen, wie wir bereits in den Fällen Alice E. und Palle H. erkannt haben und an weiteren Beispielen noch sehen werden. Doch dazu ist ein systematisches Vorgehen erforderlich, und es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass Prince derartige Methoden eingesetzt hat. Mit Sicherheit aber hat Prince die Struktur der multiplen Persönlichkeit und die Eigenarten der einzelnen Teilpersönlichkeiten Doris Fischers nachhaltig geformt. Schließlich hat er jahrelang mit ihr auf engstem Raum zusammengelebt. Ein so enger Kontakt führt natürlich immer zu einer wechselseitigen Beeinflussung, unabhängig davon, ob es sich um multiple oder "normale" Persönlichkeiten handelt.

Wenn aber Prince die Multiplizität der Doris Fischer nicht hervorgerufen hat, wie kam sie dann zustande? Aus meiner Sicht reichen Traumatisierungen allein nicht aus. Diese allein können zwar ein Stress-Syndrom erzeugen, auch dauerhafte dissoziative Zustände. Aber Fragmentpersönlichkeiten entwickeln sich, wie normale Persönlichkeiten ja auch, in Konditionierungsprozessen, in der Interaktion mit anderen Menschen und vor allem mit bedeutsamen Bezugspersonen. Für eine absichtliche Konditionierung der Multiplizität durch den trunksüchtigen Vater finden sich keine Hinweise in den Aufzeichnungen. Es ist denkbar, dass sich die phantasiebegabte Doris unbewusst selbst zur Multiplizität konditionierte. Dies würde bedeuten, dass sie Situationen schuf, in denen die Inszenierung von unterschiedlichen Persönlichkeitszuständen zu Verstärkungen führte. Real Doris konnte z. B. die positiven Reaktionen auf ihre Liebenswürdigkeit ebenso genießen wie Sick Doris die Folgen ihrer Verschlagenheit, ohne dass dieser Genuss durch das Bewusstsein des inneren Widerspruchs getrübt oder geschmälert wurde.

Selbstkonditionierte multiple Persönlichkeiten sind aus meiner Sicht allerdings ein überaus seltenes Phänomen. In aller Regel werden multiple Persönlichkeiten konditioniert, weil andere von der Multiplizität profitieren. So liegt es z. B. im Interesse des missbrauchenden Vaters, wenn seine Tochter im Bett die Lolita ist (und nicht nur spielt) bzw. in der Schule die unschuldig-brave Schülerin ist (und nicht nur simuliert). So liegt es gleichermaßen im Interesse einer Politsekte, wenn der konditionierte Multiple ein unauffälliges Leben führt, aber sich in einen Selbstmordattentäter verwandelt, sobald diese Fragmentpersönlichkeit durch einen bestimmten Code aktiviert wird.
Die Dressur multipler Persönlichkeiten muss nicht zwangsläufig auf einem ausgefeilten Plan beruhen. U. U. entwickelt sich dieser Prozess auf Grundlage eines vorhandenen Interesses spontan durch wechselseitige Konditionierung von Täter und Opfer, in deren Folge das Opfer immer multipler und der Täter immer geschickter im Verstärken von Multiplizität wird.

Liste der Endnoten

1) Walter Franklin Prince ist weder verwandt, noch verschwägert mit dem bekannteren Psychiater Morton Prince, der sich ebenfalls mit Persönlichkeitsspaltungen beschäftigte.
2) Prince W. F. (1915-1916a), (1915-1916b)
3) Akustische Halluzinationen sind bei Patienten mit Multipler Persönlichkeitsstörung überaus häufig; überraschenderweise sogar häufiger als bei schizophrenen Patienten (Ross, 2000a, 114 f.).
4) Braude (1995)
5) Prince, W. F. (1915-1916b), 90
6) Prince, W. F. (1915-1916b), 91
7) Lucadou (1997), 37 f.

Zusammenfassung, Übersicht, Zusatzinformation, ..

Redaktion buergerstimmen.de - Dr. Dieter Porth, Göttingen: Die Literatur findet man im Startartikel zu diesem Fortsetzungssachbuch oder in der Original-PDF-Datei auf der Website des Autoren. Dr. Hans Ulrich Gresch. Die Startseite mit dem Literaturverzeichnis finden sie, wenn sie in der Sammelübersicht "Schläfer" (siehe oben) nach dem untersten Link suchen. In der Schlagzeile findet sich der Suchausdruck "FS-0".
PDF-Datei auf der Website des Autoren. Dr. Hans Ulrich Gresch. Die Startseite finden sie, wenn sie in der Sammelübersicht "Schläfer" (siehe oben) nach dem untersten Link suchen. In der Schlagzeile findet sich der Suchausdruck "FS-0".Dr. Dieter

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